

Der chinesische Begriff Qi wird „in unseren Breiten zumeist als „Lebensenergie“ übersetzt“ . Sobald man aber ein wenig nachforscht, erkennt man schnell, dass diese stark vereinfachte Übersetzung den verschiedenen Bedeutungen und Verwendungen des Begriffes nicht gerecht wird. So schreibt Carl-Hermann Hempen in seinem Buch „Die Medizin der Chinesen – Erfahrungen mit fernöstlicher Heilkunst“, dass in der Literatur mit Qi einmal „Dampf“ oder „Wolke“, ein anderes Mal „Atem“ und „Nahrung“ oder ganz allgemein „die Kommunikation mit den im Kosmos immanenten Kräften“ gemeint ist . Ted. J. Kaptschuk schreibt in seinem Buch „Das grosse Buch der chinesischen Medizin – Die Medizin von Yin und Yang in Theorie und Praxis“ dazu folgendes : „Wir können sagen, dass alles im Universum – sei es organisch oder anorganisch – aus Qi zusammengesetzt und durch sein Qi definiert ist. Aber Qi ist weder ein unveränderlicher Urstoff noch einfach die Lebensenergie, obwohl das Wort gelegentlich so übersetzt wird. Das chinesische Denken unterscheidet nicht zwischen Materie und Energie; aber vielleicht können wir uns Qi als Materie an der Grenzlinie zur Energie oder als Energie am Punkt der Materialisierung vorstellen“ (Kaptchuk, 2001, S. 46). Qi hat also neben dem energetischen Aspekt sehr wohl auch einen materiellen.
Ein elementares Charakteristikum des Qi ist auf jeden Fall seine intrinsische Bewegungsaktivität. Das heisst, Qi bewegt sich grundsätzlich von selbst. Diese Bewegungsaktivität zeigt sich in einem (freien) Qi-Fluss, der insbesondere beim „Qi des Menschen“, dem sogenannt „wahren Qi“ (chin: zhenqi) von existentieller Bedeutung ist. Dieses Qi des Menschen setzt sich aus dem „vorgeburtlichen Qi“ (vererbten Anteil), dem „Qi aus der Luft“ (Atmung) und dem „Nahrungs-Qi“ als Quellen zusammen. Es fliesst durch unseren Organismus und nimmt dabei verschiedene Funktionen wahr. Mit seiner „ordnenden“ Bewegung wirkt es wärmend, schützend, haltend und nährend. Es hat eine transportierende Funktion und ermöglicht „umwandelnde“ Prozesse.
Wenn verschiedene schadende Einflüsse anhaltend auf den Organismus einwirken, führt dies zu Qi-Blockaden. Der Qi-Fluss wird gestört und Beschwerden und Krankheiten können entstehen.
Beim Praktizieren von Qi Gong wird der Qi-Fluss angeregt und gefördert (chin: Xing Qi - Qi in natürliche Bewegung bringen). Dabei gilt es, die Durchgängigkeit (chin: tong) zu fördern, indem man eine „runde“ Körperstellung wählt, bei der die Gelenke den freien Qi-Fluss nicht behindern, die Muskulatur und innere Anspannung losgelassen wird und man die Aufmerksamkeitsabsicht Yi möglichst kontinuierlich auf die Körperwahrnehmung ausrichtet.
Der chinesische Begriff „Gong“ heisst einerseits „Arbeit“ oder „Leistung“ und hat andererseits die Bedeutung von „Errungenschaft“, „Erfolg“ und „Wirkung“. Qi Gong kann demzufolge als Arbeit mit dem Qi verstanden werden, was mit positiven (genesungsfördernden) Effekten belohnt wird. Beim Qigong wird der Qi-Fluss mit weichen Bewegungen und dem Lenken der Aufmerksamkeit angeregt, mit dem Ziel, Blockaden abzuschwächen oder gar aufzulösen.
Qigong spricht den Menschen als psychophysische Einheit an und wirkt wohltuend auf Körper, Geist und Seele.